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Denkmal für die Opfer des Nazi-Regimes
Von Stadtwiki
Das Denkmal für die Opfer des Nazi-Regimes auf dem Hauptfriedhof Pforzheim, manchmal auch "Mahnmal" oder "Gedenkmal" genannt, steht südlich der Großgrabstätte für die Opfer des Luftangriffs auf Pforzheim am 23. Februar 1945. Es wurde von der Klasse Prof. Schollmayer der Kunst- und Werkschule Pforzheim gestaltet und am 21. November 1965 eingeweiht.
Das Denkmal ist eine Metallplastik mit abstrahierten Figuren zwischen liegenden Stäben auf einem Steinsockel mit der Umschrift: „1933 – 1945 / DEN OPFERN DER / GEWALT UND RECHTLOSIGKEIT / ZUM GEDENKEN“.
Umgeben ist das Mahnmal von 40 Kissensteinen mit 41 Namen von Opfern des Nationalsozialismus aus Pforzheim und Umgebung. 1993 kam auf Initiative von Karl Schroth ein zusätzlicher Stein für Karl Bührer, einen Gegner des NS-Regimes, hinzu.
Vorgeschichte des Denkmals
Vorarbeiten für die Errichtung des Denkmals leistete die VVN (Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes) durch einen Antrag bei Oberbürgermeister Dr. Johann Brandenburg. Der Text des Denkmals und die Akten lassen offen, ob die Anlage eine symbolische Ruhestätte oder ein Urnengräberfeld ist: Nach Groh sind „hier die Urnen von 111 in KZ oder ‚Heilanstalten’ umgebrachten Pforzheimern beigesetzt“[1], laut Pforzheimer Zeitung sind hier „die sterblichen Reste jener beigesetzt, die ihr Leben unter der Gewaltherrschaft des ‚Dritten Reiches’ verloren haben“[2], laut „Studienkreis: Deutscher Widerstand“ handelt es sich um „eine symbolische Ruhestätte“[3].
Außer Namen und Lebensdaten befinden sich keine weiteren Angaben zu den Schicksalen auf den inzwischen teilweise unleserlichen Steinen, nur ein stilisierter Stacheldraht verweist Betrachter auf mögliche Art und Orte der Verbrechen. Veröffentlichungen von 1995 bzw. 2000, in denen das Denkmal vorkommt, sagen ebenfalls nichts darüber, um wie viele und welche Opfer des NS-Regimes es sich bei den auf den Steinen Genannten handelt.
1991 merkte der „Studienkreis: Deutscher Widerstand“ an, dass mit der Anlage „die Spuren der Euthanasiemorde eher verwischt“ [4] wurden, denn die Zahl der Opfer des Faschismus in Pforzheim ist weit höher als die auf den Steinen genannte, über die Jahre sind neun Zehntel der Opfer „verschwunden“:
- 1965 nennt das Regierungspräsidium immerhin noch 127 Grabstätten unter dem Stichwort „lebensunwertes Leben“ auf dem Hauptfriedhof,
- 1959 kennt die Stadtverwaltung 28 Opfer in Einzelgräbern und über 100 „vorwiegend aus Heilanstalten“ in Familien- bzw. Reihengräbern,
- ein Jahr zuvor berichtet die Stadtverwaltung, SPD-Stadtrat Karl Richardon und der Vertreter der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN), Gustav Waldhauer, hätten „nachgewiesen, dass die Zahl der aus Pforzheim stammenden Opfer des nationalsozialistischen Gewaltregimes wesentlich höher sei als die hier auf dem Friedhof beigesetzten und bei rund 300 liege“[5],
- im Protokoll des Grabdenkmäler-Ausschusses vom Februar 1958 ist von „etwa 320 Opfern“ die Rede.
Völlig unklar ist, welche Personengruppen bei diesen Zahlen als „Opfer“ gemeint und mitberechnet sind: Zeugen Jehovas, Zwangsarbeiter, politische Gegner des Nazi-Regimes, Résistance-Angehörige, Homosexuelle… über 190 Opfer sind allein unter den jüdischen Pforzheimern namentlich bekannt?
Ob die laut Akten des Friedhofsamtes in der Anstalt Sonnenstein Ermordeten tatsächlich dort umgebracht wurden, ist nach einer Mitteilung der Gedenkstätte Sonnenstein fraglich; gleiches gilt für die in Hartheim Ermordeten; „es handelt sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Opfer der Tötungsanstalt Grafeneck“ (Auskunft der Gedenkstätte Sonnenstein).
Handlungsbedarf besteht in der Renovierung der unleserlichen Platten, in der Ergänzung der Todesorte, damit überhaupt deutlich wird, von welchen Verbrechen dieses Mahnmal zeugt, und in weiteren Forschungen über Zahl, Namen und Schicksale aller NS-Opfer.
2009 wurde erheblicher Sanierungsbedarf an dem Denkmal festgestellt.
Literatur
- Akten des Garten- und Friedhofsamts Pforzheim, Ordner/Titel: Ehrengrabfeld Opfer des Nationalsozialismus (unveröffentlicht)
- Groh, Christian, Das war das 20. Jahrhundert in Pforzheim, Gudensberg-Gleichen, 2000
- Groh, Christian, Großgrabstätten, in: Pätzold, Stefan (Hrsg.), Ein Park bevölkert von Engeln, Heidelberg, Ubstadt-Weiher, 2005
- Metzinger, Adalbert, Den Euthanasie-Opfern einen Namen geben, Die Ermordung von Patienten der Anstalt Hub, in: Heimatbuch 2002, Landkreis Rastatt
- Pforzheimer Zeitung 22.11.1965
- Studienkreis: Deutscher Widerstand (HRSG), Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstands und der Verfolgung 1933 – 1945, Bd. 5, Bad.-Württ.I, Frankfurt/M., 1991
- Christoph Timm, Der Pforzheimer Hauptfriedhof, Ubstadt-Weiher, 1995