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Samuel Winkler

Von Stadtwiki

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Samuel Winkler (* 22. Oktober 1818 in Mönsheim; † 8. Juni 1893) war Webereiinspektor und von 1855 bis 1892 Leiter der Webschule Reutlingen, einem Vorläufer der Hochschule Reutlingen.

Leben

Samuel Winkler wurde am 22. Oktober 1818 in Mönsheim geboren. Er entstammte einer einfachen schwäbischen Handwerkerfamilie. Der Vater verdiente seinen kargen Lebensunterhalt als Maurermeister und Nebenerwerbslandwirt; die Mutter wird als fleißige, treu sorgende und fromme Frau geschildert, die dem Jungen eine tiefgläubige pietistische Grundhaltung vermittelte. Da sie schon in jungen Jahren schwer erkrankte, konnte der Sohn, der zum Unterhalt von drei Geschwistern beitragen musste und durch harte Feldarbeit stark gefordert war, lediglich die Volksschule besuchen, die im Sommerhalbjahr zudem auf täglich zwei Stunden begrenzt war. Dennoch entwickelte sich der Junge zum Klassenbesten, der bei seinen Lehrern sehr beliebt war. Den Wunsch, selbst Lehrer zu werden, musste er freilich zurückstellen und zunächst eine Weberlehre absolvieren, die sich aber wegen der erforderlichen Feldarbeiten auf einige Winterhalbjahre beschränkte.

Um die umwälzenden Fortschritte in der Webereitechnik kennenzulernen, schnallte Samuel Winkler als 18-Jähriger das Felleisen um und begab sich auf eine siebenjährige Wanderschaft. In der Pfalz, im Elsaß und in Frankreich, in den Textilmetropolen Sainte-Marie-aux-Mines, Nancy, Paris und Reims wurde er mit allen damals bekannten Techniken der Tuch- und Bildweberei vertraut. Hierbei erlernte er auch die französische Sprache sowie kaufmännische Kenntnisse. Obwohl Samuel Winkler seine schwäbische Herkunft nie leugnete und sich während der langjährigen Wanderschaft oft in sein „Vaterländchen“ zurücksehnte, liebte er die französische Lebensart mehr als das bodenständige Denken seiner bäuerlichen Landsleute. Aus dieser Auslandserfahrung und seiner besonderen Vorliebe für das Französische erklärt sich, dass Samuel Winkler von Anfang an offen für die Aufnahme von ausländischen Schülern und Studierenden war. Dies belegt ein erhalten gebliebenes Schreiben an das „Königliche Rectorat der Landwirtschafts- und Gewerbeschule in Nördlingen“ vom 29. Mai 1857. Darin heißt es unter anderem: „Ich erwidere höflichst, dass wir auch Ausländer recht gerne aufnehmen. Seither war unsere Schule von Badener, Schweizer, Darmstädter und Hechinger stets auch besucht.“

Aus gesundheitlichen Gründen konnte sich Samuel Winkler den „sehnlichen Wunsch“ nicht erfüllen, die berufliche Weiterbildung in der Textilstadt Lyon fortzusetzen. Stattdessen musste er nach Württemberg zurückkehren, um sich von den Strapazen der Wanderschaft zu erholen. Weitere berufliche Stationen waren Stuttgart, Ludwigsburg und Calw, wo er in Baumwollspinnereien, Damastfabriken und Wollmanufakturen Anstellung fand.

In Calw arbeitete er bei der Mechanischen Wollspinnerei Wagner, Schiele und Comp., die damals über 100 Arbeiter beschäftigte und nach der Gewerbezählung von 1832 zu den zehn größten Fabrikbetrieben in Württemberg zählte. Im Jahre 1848 gründete Samuel Winkler in Calw eine eigene Tuchhandlung, die bald florierte. Als 1853 die Auswanderungswelle schwäbischer Bürger nach Amerika einen neuen Höhepunkt erreichte, bekam Samuel Winkler die „Konzession als Auswanderungsagent“. Aufgrund seiner langjährigen Auslandserfahrung konnte er Auswanderungswilligen „alle erwünschten und nötigen Auskünfte erteilen“. Dabei machte er sich zur Pflicht, die Leute gewissenhaft zu beraten. Deshalb erhielt er „aus der ganzen Umgebung einen äußerst starken Zulauf und großes Zutrauen“. Öfters begleitete er die von ihm beratenen Emigranten nach Mannheim und Straßburg, einmal sogar bis nach Le Havre (Frankreich).

Im Jahre 1854 wurde Samuel Winkler von der Centralstelle für Gewerbe und Handel als einer der beiden Wanderlehrer berufen, die der rückständigen württembergischen Textilindustrie neue, den technologischen Anforderungen der ersten industriellen Revolution entsprechende Impulse geben sollten. Als die Wahl zur Errichtung der Webschule auf Reutlingen fiel, wurde Samuel Winkler beauftragt, die Schule zu konzipieren und die Gründung vorzunehmen. Um die erforderlichen Anregungen zu sammeln, reiste er für mehrere Monate ins Rheinland, nach Westfalen, in die Niederlande, nach Belgien und nach Paris. Dort informierte er sich in zahlreichen Textilbetrieben über den neuesten Stand der Technik.

Als Leiter der Webschule hat Samuel Winkler fast vier Jahrzehnte lang seine ganze Kraft für den Aufbau der Webschule eingesetzt und die Freude erlebt, das Werk stetig wachsen zu sehen. Einen besonderen Höhepunkt bildete die 25-jährige Jubelfeier im September 1880. Zum 25-jährigen Schuljubiläum verlieh ihm König Karl I. von Württemberg das Ritterkreuz II. Klasse des Friedrichsordens. Der Orden wurde als „besonderes Merkmal des Königlichen Wohlwollens sowie als Anerkennung und Belohnung ausgezeichneter Verdienste“ vergeben. Die Webschule und der Webschulverein ehrten den ersten Schulvorstand zum gleichen Anlass mit einem kunstvollen Glas- und einem Silberpokal.

Nachdem die Weberei aufgebaut war, verfolgte Samuel Winkler das Ziel, eine Wirkerei-Abteilung anzugliedern. Hierzu wurden zunächst einige Kulier- und Kettenstühle angeschafft, auf denen verschiedene Fabrikanten Lohnaufträge ausführen ließen. Später konnte die Leitung der Wirkerei einem qualifizierten Meister übertragen werden.

Nun lag es nahe, als weitere Abteilung die Spinnerei in das Lehrprogramm aufzunehmen. Die fachliche Erweiterung des Ausbildungsspektrums und die steigenden Schülerzahlen machten aber auch die Erstellung eines Neubaus immer dringlicher. Den intensiven Bemühungen von Webereiinspektor Winkler ist es letztlich zu verdanken, dass die Stadt Reutlingen das Gelände an der Kaiserstraße zur Verfügung stellte und der erste Bauabschnitt begonnen wurde. Die Einweihung des zunächst zweigeschossigen Hauptgebäudes fand am 3. Oktober 1891 statt.

Zum Ende des Jahres 1892 trat Samuel Winkler im Alter von 74 Jahren nach 37-jähriger Tätigkeit an der Schule in den Ruhestand. Vor seinem Ausscheiden wurde Samuel Winkler eine besondere Ehre zuteil, denn im Juni 1892 besuchte das württembergische Königspaar, König Wilhelm II. und Königin Charlotte, die Schule.

Quellen

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