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Wüstung
Von Stadtwiki
Als Wüstung bezeichnet man eine abgegangene Ortschaft ("Ortswüstung") oder nicht mehr kultivierte landwirtschaftliche Flächen ("Flurwüstung"); zu unterscheiden sind darüber hinaus "partielle" und "totale" sowie "temporäre" und "dauerhafte" Orts- oder Flurwüstungen. Oft erinnern Flurbezeichnungen, Siedlungsreste (z. B. Mauerreste) oder Überlieferungen (z. B. Erwähnungen in Urkunden oder Lagerbüchern) an solche Wüstungen.
Die Umgebung von Pforzheim ist reich an abgegangenen Siedlungen. Hier wird eine häufiger vorkommende Erscheinung bestätigt, dass die Zahl der Wüstungen oder Ödungen etwa der Zahl der noch vorhandenen Siedlungen gleichkommt. Natürlich dürfen wir diese Siedlungen, Dörfer und Wege nicht mit der heutigen Zeit vergleichen. Viele der damaligen Orte, Ansiedlungen oder Gehöfte bestanden meist aus wenigen Häusern, Stallungen für das Vieh und einer Kirche. Die Einwohnerzahl stieg meist nicht über 40 Menschen.
Zu den Wüstungen, Ödungen und abgegangenen Siedlungen gehören auch die Ruinen unserer Burgen und Schlösser. Ihnen wird jedoch auf einer anderen Seite bedacht, weshalb sie hier übergangen werden.
Zu den dem Namen nach und weiter unten erwähnten, abgegangenen Siedlungen kommen noch einige Siedlungsspuren, von denen keine Namen überliefert sind. In der Zeit der Waldhufengründungen ist im Übereifer auch Wald gerodet und besiedelt worden, der sich nicht zur Besiedlung eignete. Diese Besiedlungen sind wieder verschwunden, aber die ehemaligen Hufenanlagen glaubt man an manchen Stellen auf der Höhe zwischen Nagold und Würm, in welche das Waldhufengebiet des nördlichen Schwarzwaldes hineinreicht, noch zu erkennen, so oberhalb der Erzklinge im Würmtal in dem Waldbezirk Schönhalde in der Nähe des Jettenbrunnen. Auch südlich von Huchenfeld, nordwestlich von Hohenwart und westlich von Schellbronn sieht man noch kleine Spuren von Hufenanlagen. Doch braucht es sich in diesen letzteren Fällen nicht unmittelbar um abgegangene Siedlungen zu handeln. Diese Spuren können auch daher kommen, dass nach der Aufhebung der strengen Hufenverfassung die Bewohner der einzelnen Hufen näher zusammengezogen und so aus dem Waldhufen-Reihendorf ein Haufendorf machten. Hohenwart macht ganz den Eindruck einer solchen Entwicklung.
Zahlreiche Anhaltspunkte für Ödungen finden sich an der badisch-württembergischen Landesgrenze, da wo die Gemarkungen Neuhausen und Münklingen zusammenstoßen, auf württembergischen Boden, zwischen dem Büchelberg und Kuppelzen. Das Gelände dort führt die Namen bei der alten Kirche, Pfarräcker, alter Friedhof. Die Beobachtungen, die man beim Pflügen, beim Setzen von Grenzsteinen oder von Bäumen macht, deuten auch auf ehemalige Niederlassungen hin. Die Sage weiß allerlei von dieser Gegend zu erzählen, von einer versunkenen Römerstadt, einer versunkenen Kapelle, einem im 30-jährigen Krieg abgebrannten Dorfe usw. Zwanzig Minuten westlich von dieser Stelle liegen die St. Leonhardskirchenwiesen. Dort sei dereinst eine Kirche verschwunden, so berichte die Sage. Drei Tage lang habe man das Läuten der Glocke in der Tiefe gehört. Weitere zwanzig Minuten westlich, da wo der Haugstetter Bach in den Monbach fließt, auch wieder an der Landesgrenze, liegen die Weileräcker und der Weilerbrunnen, Namen, die vermuten lassen, dass auch hier einst menschliche Unterkünfte standen.
Auch Flurnamen schließen oft auf den Charakter von Ortnamen oder geben Hinweise auf eine ehemalige Besiedlung, aber nicht in jedem Fall wird sich eine Vermutung bestätigen. Aus der großen Zahl siedlungsverdächtiger Bezeichnungen seien hier einige angeführt: Arlingen (Gemarkung Brötzingen), Scholbingen, Scholbinger Weg (Dürrn), Bohninger Weg (Ersingen), Eichhof und Steckhof (Öschelbronn), Glashof (Würm), Gruppenhof (Ittersbach), Schafhof (Eisingen), Tannhof (Pforzheim). Die Zahl solcher Namen kann durch örtliche Erkundigungen, aus den Flurkarten, aus Berainen und anderen Akten und Urkunden noch sehr vermehrt werden.
Selten ist über den Abgang einer Siedlung ein solches Aktenbündel vorhanden, wie über den Verkauf und Abbruch des Schanzhofes und des Langensteiner Hofes auf der Gemarkung Niefern oder dem allmählichen Zerfall von Kirche, Schule und Pfarrhaus von Remchingen.
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Poetisch
Peter Rosegger (östereichischer Schriftsteller) schrieb unter dem Titel - Das zu Grunde gegangene Dorf: „Jahrhundertelang der Tummelplatz von Menschen, Märkte, Spiele, Hochzeitszüge, Leichenbegängnisse, Prozessionen, Faschingsbelustigungen, Leben, Handel und Wandel in aller Form, Schauplatz der Geschichte und Geschicke vieler Geschlechter – und nach wenigen Jahren nichts mehr als Strauch und Baum und Wildnis“. - Wie Gemeinden aufstehen und wie sie niedergehen, man sollte es eingraben in weiche Herzen und harten Stein. Es wäre so groß wie die Weltgeschichte. Das geht freilich vor sich so sachte zumeist, wie das Wachsen und Modern eines Baumes, und darum halten es die Menschen nicht für wesentlich genug, darüber zu berichten.
Datei
Ortswüstungen in Gebiet des Stadtwikis Pforzheim-Enz (Auswahl)
Quellen
- Der Enz- und Pfinzgau aus dem Jahr 1925
- Geschichte der Stadt Pforzheim von J. G. Friedrich Pflüger